
Roadtrip nach Danzig – Eine Reise entlang der polnischen Ostseeküste – Roadtrip to Gdansk
Ungeplante Reisen mit Überraschungsfaktor sind immer noch die Besten… Arbeitsbedingt war ich quasi genötigt Urlaub zu nehmen. Klingt unglaublich, ist aber wahr. Durch die kurze Vorbereitungszeit und andere Randbedingungen fand ich natürlich kein ansprechendes Ziel, um sich mal kurz in den Flieger zu setzen. Da ich erstens nicht zu den Pauschaltouristen gehöre und zweitens keine Lust hatte mich in Hausarbeit zu stürzen, entschied ich mich kurzer Hand dazu an der polnischen Ostseeküste bis nach Danzig zu fahren. Für viele ist Urlaub im „Ostblock“ bis heute immer noch unvorstellbar. Anscheinend ist es doch nicht möglich, über ein paar Vorurteile hinwegzuspringen. Naja, jedem das Seine. Für mich ist es mittlerweile sehr unwahrscheinlich geworden mehr als zwei Tage am Strand zu liegen. Derjenige, der sich Urlaub in einem osteuropäischen Land vorstellen kann, ist eingeladen weiterzulesen. Alle anderen lesen dann lieber ihre Frauen- oder Fußballzeitschriften.
Usedom
Lange Rede, kein Sinn. Sachen, Bine und Fotozeug gepackt, Auto getankt und los ging es. Wie gesagt, es war kurzfristig und so blieb uns nicht erspart, das ein oder andere nützliche Utensil für einen Roadtrip nicht dabei zu haben.
Erstes Ziel unserer Reise: die Insel Usedom. Wir kommen in der Dunkelheit an und nächtigen mit unseren DJH-Ausweisen in der Jugendherberge in Heringsdorf. Soviel vorweg, 32€ p.P. mit Frühstück und Abendbrot ist die teuerste Unterkunft für die kommenden Tage. Das Essen war gut und die Unterkunft total für uns gemacht. In bester Lage direkt am Strand schliefen wir in einer ehemaligen, liebevoll in Stand gehaltenen Villa direkt unter dem Dach (Anmerkung: vorgemerkt für den Sommer). Am nächsten Morgen machen wir uns vor Sonnenaufgang zum Strand. Ich wollte natürlich fotografieren und nötigte meine Freundin mitzukommen. Außer ein paar Joggern war niemand am Strand. Auf Grund von neuem Equipment konnte ich mein Motiv im Kopf leider nicht wie gewünscht umsetzen und begnügte mich mit ein paar anderen Aufnahmen.
Zurück in der Herberge machten wir uns über das reichliche Frühstück her.
Swinemünde und Nationalpark Wolin
Nächster Stopp: Swinemünde auf polnischer Seite der Insel Usedom.
Kurz hinter der Grenze schlendern wir über den obligatorischen Polenmarkt. Premiere an der Stelle für Bine. 20min später kommen wir in Swinemünde an, stellen das Auto ab und spazieren an der neu errichteten Promenade entlang. Mittlerweile sind viele Menschen unterwegs, genießen die Sonne am Strand und essen vielleicht das letzte Eis in diesem Jahr. Sämtliche Anlagen wie Hotels, Restaurants und Promenade sind ziemlich neu und es mangelt auch nicht an Baustellen auf denen neue Kur- und Wellnesshotels entstehen. Eigentlich wollten wir die Nacht wieder in einer Jugendherberge verbringen, die sah aber so gar nicht einladend aus, dass wir uns entschlossen im Auto zu schlafen. Wir suchten uns dafür einen Zeltplatz, der ziemlich zentral gelegen war. Überall gab es übrigens Wlan was es uns ziemlich einfach machte, den nächsten Tag zu planen. Zum Sonnenuntergang gingen wir wieder zum Strand, um das beste Licht für mein Foto der Mühlenbake auf der Mole zu haben. Die Bake habe ich noch zu Hause in einer lokalen Zeitung gesehen, daher stammt auch ein wenig die Idee über Usedom zu fahren. Unser italienisches Abendessen in einem Restaurant an der Promenade war sehr gut. Das was nicht gut war, war die Freundlichkeit der Betreiberin des zeltplatzeigenen Restaurants. Möglicherweise lag es aber auch an einem Verständigungsproblem. Zumindest bekamen wir dort nichts zu essen. Das war, bis auf einen weiteren Vorfall in Danzig, aber auch das einzige Mal, wo uns die Polen unfreundlich erschienen.
Die erste Nacht im Auto war total unbequem (ja, ich erzähle nicht nur die tollen Seiten 😉 ) Die Luftmatratze hatten wir nicht richtig aufgepumpt und so ärgerte mich die Schwelle vom Kofferraum. Kalt war es nicht, wie man Anfang November annehmen könnte. Im Gegenteil war es eher zu warm mit dickem Bettzeug.
Umso schneller ließ es sich am nächsten Morgen aufstehen, um mal wieder das Fotozeug zum Strand zu schleppen. Der Sonnenaufgang war durchwachsen, bot aber ein paar tolle Momente. Fotografiert habe ich noch mal die Bake aus unterschiedlichen Standorten und die Swinemünder Hafenanlagen.
Danach putzten wir noch schnell Zähne auf dem Parkplatz und machten uns an die Weiterfahrt. Wir nahmen dafür die Fähre im Süden von Swinemünde, denn die Fähre in der Stadt ist Einheimischen vorbehalten. Die Fähre war umsonst und Schauplatz meines ersten Missgeschickes, da ich vergaß die Handbremse anzuziehen. Wir stiegen beim Ablegen der Fähre aus und blieben glücklicherweise in der Nähe des Autos. Ein Ruck ging durch die Fähre und auf einmal sehen wir das Auto rollen. Ich kann die Handbremse noch anziehen bevor das Auto gegen den Vordermann rollt. Alles gut gegangen aber eine Schrecksekunde, die keiner braucht am frühen Morgen.
Die Straße führt uns in den Nationalpark, auf der Karte am Ende des Beitrages könnt ihr den Standort sehen. Wie erhofft, bot der Nationalpark ansprechende Motive. Gern wären wir noch am Strand entlang gelaufen um die Kliffe von unten zu sehen aber wir verpassten die Abfahrt.
Der Leiermann von Kolberg
Die nächsten Stunden gehören der Straße. Wir fahren durch Kolberg und hätten die kleine Stadt an der Küste fast links liegen gelassen, hätten wir nicht das Erlebnisrestaurant zur goldenen Möwe gesehen, in dem wir Mittagspause machten. Wie in jedem Mc’D gab es auch dort Wlan, das wir nutzten um eine Unterkunft zu finden. Nach kurzer Recherche entschieden wir einen Abstecher an Kolbergs Promenade zu machen. Diente der Ort schon früher als Kurort, wird er heute mehr und mehr für Erholung genutzt. Zurück vom Spaziergang auf die Mole hören wir einen Leiermann spielen. Ich will zuhören und setze mich am Fuße des ehemaligen Leuchtturms hin. Viele Einheimische und Touristen bleiben stehen, um seinen beiden Papageien ein Geldstück in den Schnabel zu stecken, das danach schnell im Geldbeutel verschwindet. So monoton wie seine Leier war auch leider das Wetter. Hatten wir am Morgen noch Glück mit Sonne, wurde es gen Abend immer grauer. Selbst nachdem der Leiermann eine neue Platte auflegte wurde es nicht besser. Der Leiermann… ja wo sieht man heutzutage noch Leiermänner? Ich konnte mich gefühlt nicht mehr daran erinnern, höchstens mal abends auf einer privaten Feier. In der Öffentlichkeit sieht man aber selten einen. Straßenmusikanten bestimmt, aber diese Profession ist selten geworden im Alltag.
Im Anschluss kraxelten wir noch die engen Treppen auf den Leuchtturm und hatten einen schönen Überblick über die Gegend. Da unsere Unterkunft noch eine gute Autostunde entfernt war, liefen wir zum Auto zurück.
Die Dörfer, die wir auf den nächsten Kilometern passieren, wirken alle total ausgestorben. Alles ist verriegelt und verrammelt, Menschen sind kaum zu sehen. Sicher bedingt durch die Jahreszeit und das Wochenende. Google hat uns verraten, dass genug Zeltplätze auf unserem Weg liegen. Leider finden wir keinen Offenen. Wer will um diese Jahreszeit auch zelten, campen oder caravanen. Wir waren schon drauf und dran wild auf einem Parkplatz in Küstennähe zu campieren, als uns ein Hotel direkt neben uns auffällt. Für günstige 20€ p.P kommen wir in einem nigelnagelneuen, modern eingerichteten, drei Sterne Hotel unter. Frühstück war natürlich inklusive. Das, in einem kleinen Pinienwald gelegene, Hotel war so neu, dass die dritte Etage noch gar nicht fertiggestellt war. In der Dunkelheit ging ich noch mal an den Strand, da ich hoffte der Mond kommt durch aber auch diesmal hatte ich kein Glück.
Die Dünen von Łeba
Das Wetter wurde leider immer trister, so auch am nächsten Tag. Die Fahrt wurde dadurch ein wenig zur Geduldsprobe. Der nächste Streckenabschnitt war für mich ein wenig demotivierend. Die Straße verlief weder in Küstennähe, noch war sie besonders abwechslungsreich. Zudem waren die Ortschaften klein und hier muss ich wirklich sagen, wie man sich polnische Dörfer eben vorstellt. Heruntergekommen und der Hund lebte zwar noch, war aber fast begraben. Vom ersten Streckenabschnitt war ich durch den schönen Nationalpark ziemlich begeistert. Danach kam leider ein wenig Ernüchterung. Wir kamen durch viele Ortschaften, die alle wie ausgestorben wirkten. Uns dämmerte, dass die ganze Region sehr auf den Saisonbetrieb ausgerichtet ist und die Menschen im Winter anderen Betätigungen nachgehen. In Łeba angekommen wunderte uns also gar nix mehr. Erste Anlaufstation war die Touristeninfo, die wie durch ein Wunder besetzt ist. Auf der Suche nach Informationen werden wir schnell fündig. Der Tourismus in Łeba wird durch die EU gefördert, bekannt ist der Ort für seine Wanderdünen auf einem schmalen Küstenstreifen, der nördlich vom Meer und südlich von einem Boddengewässer begrenzt wird. Ich wurde sofort hellhörig, erschien es mir doch wie das perfekte Setting für ein gelungenes Bild. Hungrig suchten wir uns ein offenes Lokal und genossen jeder eine ordentlich große lokale Suppe und ein tolles polnisches Bier. Danach stellten wir uns darauf ein, diese Nacht auf einem Parkplatz zu verbringen zu müssen, fanden durch Zufall aber doch noch einen Zeltplatz. Diese Nacht wurde um einiges bequemer, da wir die Luftmatratze ordenlich aufbliesen. Lediglich zwei total besoffene Polen hielten in der Nacht direkt hinter unserem Auto, die internen Boxen bis zum Anschlag aufgedreht. War eine lustige Erfahrung.
Da die Dünen einige Kilometer von Łeba entfernt sind, mussten wir zeitig aufstehen, sollte sich die Sonne doch noch dazu durchringen mir gutes Licht zu spendieren. Das Wetter machte mir leider zweimal einen Strich durch die Rechnung, so blieb mir nix anderes als zu versprechen wiederzukommen. Die Dünen sind ziemlich groß, auf der Karte und den Fotos erkennt ihr die Ausdehnung. Die kleine Wanderung am Morgen durch das Naturschutzgebiet war ganz angenehm, schreckten wir doch einige Rehe auf und umgekehrt. Leicht enttäuscht vom Wetter duschten wir und machten uns auf den letzten Streckenabschnitt.
Halbinsel Hel und Danzig
Vorweg, die Halbinsel hätten wir uns wetterbedingt eigentlich sparen können. Ich wollte sie trotzdem sehen und so fuhren wir vom Festland noch ca 30min bis zur Spitze. Die Fahrt bis hierhin war genauso trist wie den Tag davor. Polnische Dörfer die man sich schenken kann. Auf der Halbinsel wurde es ein wenig spannender, hatte man doch links und rechts nur Wasser. Die Sicht war bescheiden, an guten Tagen kann man bis Danzig schauen. Wer ein wenig geschichtsinterssiert ist, für den ist der Ausflug nach Hel und Danzig ein Muss, begann der zweite Weltkrieg doch mit dem Beschuss der Westerplatte in Danzig. Auch auf der Halbinsel sind immer noch Bunkeranlagen der Zeit zu finden, heute wurden daraus Museen gemacht. Ich hatte gehofft auf den Leuchtturm zu können und die Halbinsel von oben sehen zu können. Leider wird dieser noch richtig genutzt, also war es nicht möglich. Der Zufall wollte es, dass wir einen alten Mast/Ausguck oder was auch immer fanden, an dem ich hochklettern konnte. Bine blieb lieber unten. Der war auch wackelig und verrostet der Turm, aber was tut man nicht alles für sein Foto.
Es blieb uns nichts anderes übrig als das letzte Stück Straße hinter uns zu bringen und so kamen wir am zeitigen Abend in unserer netten , aber sehr kleinen Unterkunft in Danzig an. Die Badewanne war Krönung und wurde gleich mal benutzt. Danach machten wir uns auf in das Zentrum. Ich mag es eine Stadt erst mal fern ab vom Reiseführer oder Empfehlungen kennen zu lernen, die Stadt also erst mal auf einen wirken lassen. Wir ließen uns einfach durch die nebligen Straßen treiben und ich konnte mich ein wenig der Streetfotografie in schwarz/weiß hingeben. Ein köstlicher Italiener rundete den Abend ab.
Am nächsten Tag wandeln wir auf Touristenpfaden. Das Frühstück war nichts Außergewöhnliches, genügte aber vollkommen. Wir lassen uns bis kurz nach Mittag Zeit und machen uns dann auf den Rückweg. Danzig hat genau das bestätigt, was ich mir schon immer vorgestellt habe. Eine kleine alte gemütliche Hansestadt, die eine alternative Nachtszene hat. Leider hatten wir nur 24h vor Ort. Auf jeden Fall hab ich jetzt ein paar neue Orte auf meiner Liste, die ich wieder besuchen werde. Das nächste Mal bekomme ich dann das perfekte Foto 😉
Trotz aller Spontanität, so gut wie keiner Vorbereitung und dem bescheidenen Wetter war die Erfahrung auf jeden Fall gelungen. Danzig hat sich mir genauso präsentiert wie erfhofft, die Route an der Ostseeküste (oder ein wenig weiter entfernt davon) hat mich leider ein wenig enttäuscht. Hier ist viel Potential, gerade landschaftlich. Unterwegs hat sich Polen recht trist präsentiert (siehe Bild) aber die besuchten Orte sind jeder für sich eine kleine Reise wert, mit entsprechender Zeit im Gepäck offenbaren dann sicher alle Orte ihre verstecke Schönheit. So und für diejenigen, die immer noch nicht überzeugt sind, dass es sich mal lohnt, einen Abstecher zu unseren Nachbarn zu machen, denen kann ich leider nicht helfen.
Nicht zuletzt hat bei uns der Roadtrip-Leitspruch gezählt: Der Weg ist das Ziel.
Hier als Übersicht die Route, die wir genommen haben:
English Version
During my vacation in november we decided to go on a roadtrip along the polish baltic coast. We made our way totally unprepared to Gdansk. For me it was a long time wish to visit Gdansk once, don’t know excatly why but it was always a city I planned to experience. Caused by the autumn season, most of the accomodations along our route were closed as well as the public life was extinct. Nevertheless we made the best of it, slept in the car twice which wasn’t as bad as it seems. On the one hand I was impressed by the beauty of nature in nationalpark Wolin close to the german border and the sanddunes next to a village called Leba which is north of Gdansk. On the other hand we were disappointed with our route and the weather. There were so many boring villages and even the route wasn’t as close to the baltic coast as I expected it to be. Check out my pictures above and our route on google maps. Don’t hesitate to contact me for questions.