class="post-template-default single single-post postid-2924 single-format-standard"
V ^
IMG_6415-Bearbeitet

Zurück nach Südostasien – Teil 2 – Kambodscha, Sehnsucht und Schwermut Back to South East Asia – Part 2 – Cambodia, my love

$

Hinter der Grenze

Grenzbeamter: „Sie kommen hier nicht rein!“

Ich: „Warum soll ich noch mal 200 Baht bezahlen?! Erklären sie es mir bitte!“

Grenzbeamter: „200 Baht!“

Ich: „Das sehe ich nicht ein!“

Grenzbeamter: „200 Baaaaaaaht!“

Ich: „Nein!“

Grenzbeamter: „Dann stellen sie sich hinten wieder an!“

So spielte sich meine erste Erfahrung in Kambodscha ab. An der Grenze in Poi Pet, nach gut zwei Stunden, die wir bereits in Warteschlangen verbracht hatten, standen wir also am Visa-Schalter, um unser Visum zu kaufen. Dieser nervige, durchgeschwitzte, mich mit seinen schmalen Augen anstarrende, unterbemittelte Grenzbeamte macht mich wütend! Da stand er, in seiner hellbraunen, von Schweißflecken überzogenen Uniform und deutete auf das Schild über seinem Kopf… „200 Baaaaaaaht!“, wiederholte er… Schmiergeld. Ich würde meinen Ar*** drauf verwetten, dass das Geld dafür benutzt wird, um im „gesetzlosen“ Graubereich im Niemandsland, zwischen den Grenzen Thailands und Kambodschas, in den Spielcasinos am Blackjacktisch oder in der nichtvorhandenen Unterhose einer Stripperin zu verschwinden. Nun waren mir die vier Stunden Busfahrt von Bangkok bis hierher letztlich doch zu lang, demzufolge blieb mir, beziehungsweise unserer fünfköpfigen Reisegruppe, nichts anderes übrig, als das Schmiergeld zähneknirschend zu bezahlen. So kamen also zu den Visagebühren von knapp 20$ die, penetrant geforderten, 200 Baht dazu.

Durchatmen, Frust und den aufgewirbelten Straßenstaub herunterschlucken, ankommen in Kambodscha… erste Schritte hinter der Grenze. Was will man wissen, wenn man ein fremdes Land bereist?! Was würdest du wissen wollen? Ich wollte wissen, wie die Menschen leben, wie ihre Lebensbedingungen sind, was ihre Geschichte ist. Von der Geschichte Kambodschas habe ich im Vorfeld nichts gelesen, wollte unbefangen in das kleine Abenteuer starten. Einfach, ärmlich, dreckig, unterentwickelt… Adjektive, die die ersten Eindrücke schildern. Freundlich und neugierig treffen genauso zu. Die erste Berührung mit Einheimischen wird mir wahrscheinlich noch viele Jahre im Kopf bleiben. Es waren die zwei kleinen Mädchen, schmutzig, ungewaschen, aber trotz allem liebenswürdig, die die, an der Grenze wartenden Menschen neckten und mit ihnen Späße machten. Ich bin ein Freund der Dokumentarfotografie, Szenen ungestellt, als stiller Beobachter abzubilden, ist mir eine Freude. Nehmen mich meine Motive aber wahr und beginnen sich darauf einzulassen fotografiert zu werden, entstehen oft tolle Bilder. So geschehen mit den beiden Mädchen an der Grenze. Das war die erste „Zutat“ zu den entstandenen Fotos. Die zweite ist schlicht und ergreifend die Nähe. Tausende Male wurde Robert Capa, einer der letzten großen Kriegsfotografen, bereits zitiert, ich tu es an dieser Stelle auch, da er einfach Recht hatte: Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, warst du nicht nah genug dran.“ In diesem Sinn ist das eine Bild entstanden, das für mich persönlich alles widerspiegelt, was Kambodscha ausmacht. Vielleicht erkennt ihr es in ihren Augen, was ich gesehen habe… Sehnsucht, Schwermut, Neugier, Herzlichkeit.

 

Jetzt bin ich ein bisschen abgeschweift…

Wir besteigen den Bus in Richtung Südosten, die Türen blieben offen, ebenso die Fenster. Der Tacho, geschweige denn der Drehzahlmesser, funktionierte nicht. Die Kupplung krächzte, wenn der Fahrer den Gang nicht auf Anhieb fand… ein Strich auf dem wir fuhren, mal Sandpiste, mal glatter Asphalt. Keine Kurve brachte Abwechslung in die Monotonie, lediglich die gelegentlichen Ausweich- und Überholmanöver unseres Fahrers vermochten uns aufzurütteln. Die flache, mit Feldern überzogene Landschaft kroch an uns vorbei und in der dunstigen Ferne konnte man ein paar Bergkuppen ausmachen. Die Häuser der passierten Orte reihen sich an der Straße entlang auf, in der Hoffnung, dass der Touristenbus in ihrer Nähe hält oder eine Panne hat. Plastikmüll liegt überall zwischen den Häusern, vereinzelt muss ein Moped die staubige Piste entlang geschoben werden, alte Mütterchen hocken am Straßenrand und klopfen Steine. Wozu und weshalb können wir nur erahnen… IMG_0295Nach einem Stopp in einer namentlich unbekannten Kleinstadt, bei dem wir überteuerte Softdrinks, orangene Schlangensäfte und Chips kaufen konnten, geht es weiter Richtung Siem Reap.

Gut anderthalb Stunden später kamen wir in unserem Hotel an, das mit seinen dunklen Holzfußböden und den netten Zimmern wirklich einladend wirkte. Da es schon dämmerte, alle von der Reise bis hierhin recht erschöpft waren, beschlossen wir im Hotel zu essen und zeitig schlafen zu gehen. Am nächsten Tag stand für mich ein Highlight auf dem Programm, Angkor Wat, UNESCO-Weltkulturerbe und größte Tempelanlage der Welt. Ohne Frage, als fotobegeisterter Mensch musst du zum Sonnenaufgang da sein, dachte ich mir. Verwundert nahm ich zur Kenntnis, dass es absolut kein Problem war, eine Tour so zeitig zu bekommen. Warum, erfuhr ich am nächsten Morgen.

Angkor Wat und Siem Reap

5:00 Uhr, der innere Schweinehund ließ mich noch zehn Minuten liegen. Zehn Minuten, die ich eine halbe Stunde später verfluchte. Durch schlechte Recherche meinerseits, ahnte ich nicht, dass die Sonne direkt hinter der Tempelanlage aufging. Diesen Fehler macht man in seinem Fotografenleben auch nur einmal. Weiterhin hatte ich nicht damit gerechnet, dass so viele Menschen so zeitig vor Ort sein würden und zu guter Letzt vergessen, dass wir auf Grund unseres Bargeldmangels früh morgens noch an einem ATM anhalten mussten. Als wir mit unserem Fahrer um die Ecke bogen, ich die Tempelanlage und die Sonne dahinter sah, rutschte mir mein Fotoherz ein wenig in die Hose… Sche***, wieder zu spät, dachte ich mir. Die Rufe unseres TukTuk-Fahrers nur noch halb wahrnehmend, sprang ich vom Trittbrett und rannte an das Ufer des Grabens, der Angkor umgibt. Graben ist hier übrigens nicht mit unseren kleinen Gräben gleich zu setzen. Dieser hier war knapp 100m breit. Trotz der Zeitnot muss ich sagen, dass ich mit den entstandenen Bildern letztendlich doch zufrieden bin. Wie der Sonnenaufgang davor war, möchte ich jetzt auch gar nicht mehr wissen.

 

Nachdem die Lichtbedingungen unattraktiver geworden sind, machten wir uns auf unsere Entdeckungstour in die Haupttempelanlage. Negativ aufgefallen sind uns die Straßenverkäufer. Sicherlich sind diese Menschen auf den Umsatz der Touristen angewiesen. Schwermut überkommt einem, wenn man sieht, dass  Kinder im Grundschulalter für ihren Lebensunterhalt Souvenirs verkaufen müssen.

Angkor – die größte Tempelanlage der Welt. Ich hatte keine Vorstellung davon,  wie groß sie tatsächlich war. Umso erstaunter nahm ich zur Kenntnis, als der Hotelmitarbeiter am Vorabend davon sprach, dass wir einen eigenen Fahrer für den ganzen Tag bräuchten. Wir verbrachten den Rest des Vormittags damit, uns von Tempelanlage zu Tempelanlage tuktuken zu lassen. Nun muss ich an dieser Stelle sagen, dass für meine Bedürfnisse, ein Tag mit geballtem  Wissen,  vollkommen gereicht hat. Für Archäologen, Geschichtswissenschaftler und Kulturhistoriker ist das sicher nicht genug. Für uns Laien, mit unzureichendem Hintergrundwissen, sahen sich die unterschiedlichen Tempelanlagen dann aber doch sehr ähnlich. Letztendlich waren wir zur Mittagszeit von den heißen Temperaturen und den ausgedehnten Fußmärschen total erschöpft.  Zwei weitere Anlagen besichtigten dann aber doch noch, bevor wir uns ins Hotel  zurückbringen ließen. Eine Dusche, ein frisches Outfit und ein paar Entspannungsminuten später machten wir uns zum Abend noch auf in das Stadtgetümmel. Siem Reap ist recht bekannt für seine Pub Street. Ein paar Nebenstraßen weiter wurden wir auf unserer Suche nach einem Restaurant fündig und aßen unter anderem gebratene Küken, Frösche waren ja leider schon ausverkauft.

 Phnom Penh

Der Nachtbus, der uns kurz vor Mitternacht am Hotel aufsammelte, war unbequem. Dösend, im Halbschlaf, rumpelten wir gen Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas. In den frühen Morgenstunden, nach ca. 8h Fahrt, stiegen wir im Zentrum aus und wurden von einigen nervigen TukTuk-Fahrern auch gleich vollgequatscht. Ansonsten bin ich da ja recht entspannt und lass sie einfach ihre englischen Brocken runterrasseln. Aber in diesen Minuten am Morgen, unausgeschlafen, mit steifen Gliedern und leerem Magen hätte ich mir gewünscht, dass ein großes Loch im Boden aufgeht, in dem sie  quatschend verschwinden können.

Die nächsten zwei Tage in der Hauptstadt widmeten wir der Geschichte Kambodschas. Wir erfuhren von der Schreckensherrschaft Pol Pot’s, der als kommunistischer Führer nichts unversucht ließ, um den gebildeten und bürgerlichen Teil der Bevölkerung auszumerzen.  Zwei Orte sind hierfür Zeugnis: zum Einen das Gefängnis S-21 in dem Verräter, Spione und Verdächtige gefoltert und ermordet wurden und zum Anderen die Gedenkstätte Choeung Ek, auch bekannt als Killing Fields, zu der Tausende mit LkW’s gebracht wurden und mit den Blättern der Zuckerpalme geköpft bzw deren Kehlen aufgeschnitten wurden. Das Ganze erinnerte, wenn auch in kleinerem Maßstab, an Auschwitz und die Greueltaten der Nationalsozialisten. Durch die Witterungsbedingungen, vor allem durch Regen, wird der Boden der Gedenkstätte nach und nach abgetragen. Auf dem gesamten Gelände treten dadurch Knochen der Opfer zu tage. Man läuft oder tritt  quasi auf den Gebeinen der Opfer. Man sollte tunlichst vermeiden, die ausgewiesenen Wege zu verlassen. Die Gebeine, die in früheren Ausgrabungen freigelegt wurden, sind in einem Schrein in zentraler Lage aufbewahrt und  den Besuchern zugänglich. Sichtlich betroffen und mit flauem Magen  verlassen wir die Gedenkstätte und lassen uns mit der untergehenden Sonne im Rücken in Richtung Zentrum bringen. Abgerundet wurde unser Kulturprogramm am nächsten Tag mit Besuchen des Königspalastes, der kambodschanischen Post und des Zentralmarkts, auf dem allerlei Elektronik-, Uhren-, Sonnenbrillen- und Klamottenimitate gekauft werden konnten. Umgeben war der Markt mit verschiedensten Lebensmittelständen, vor allem Früchte waren sehr lecker.

Wie in jeder asiatischen Stadt, die jedem westlichen oder europäischen Erstbesucher total chaotisch vorkommen muss, war es spannend, die Straße zu überqueren. Alles war vollgestopft mit Mopeds und TukTuks, vereinzelt drängelten sich Lkw’s, Busse und Autos dazwischen und provozierten so manches riskante Fahrmanöver. Kreuzungen waren verstopft, generell fuhr immer der, der zuerst an der Kreuzung an kam. Vorschriften, wie viele Personen auf einem Motorroller fahren dürfen, gibt es außerdem keine. Wie sehr mich der Verkehr, die Sehenswürdigkeiten bzw. die Historie und die Bevölkerung Kambodschas mitgerissen hat, erkennt ihr auf den nächsten Bildern. Ein Bild was immer wieder Unwohlsein hervorruft, ist das von dem, mit Bändern behangenen, Baum. Den Grund könnt ihr auf dem Schild lesen.

 

Kambodscha, was gibt es sonst noch zu erzählen… die Herzlichkeit der Menschen, die in einfachsten Verhältnissen leben, hat mich begeistert. Nehmen wir die Bilder von der Familie auf dem Motorroller… knapp zehn Minuten fuhren sie hinter uns, bemerkten mich erst gar nicht um dann um so schöner zu lachen, als sie registrierten, dass jemand Fotos von ihnen macht. Das war bestimmt einer der schönsten Momente, zusammen mit dem Sonnenaufgang in Angkor und den beiden Mädchen an der Grenze. Auf jeden Fall eine Reise wert. Passend zu meinem Eindruck, hab ich auch für diesen Reiseabschnitt, ein kleines Video zusammen geschnitten. Viel Spaß damit!

Musik: Adhita Sofyan – Blue sky collapse

Der Urheber hat den Song, freundlicher Weise, zur freien Verfügung gestellt.

 English Version

Cambodia. The first stop was Siem Reap with its world heritage Angkor Wat. For me as a photographer it was a huge satisfaction to get some shots of this beautiful, old and misty temple complex. I had no idea how huge this complex is. That’s why we had our own driver for the whole day. We reached Angkor with a delay, which was my own fault because my weaker self had me lay in bed a couple of minutes longer. Luckily, I am happy with the shots still I got. At the end of the day, we were all very exhausted but we decided to take the next night bus to get to Cambodia’s capital Phnom Penh. We arrived the next morning and took a TukTuk to get to our hotel. We spent the next two days with Cambodia’s history and visited the Genocide spots, Tuol Sleng as well as Choueng Ek, the King’s Temple, the Cambodian Post and the Central Market. It was a great episode on our South East Asia trip. Have a look at the pictures above to get an idea of what we experienced. Finally, I managed to get enough footage for a second movie. I hope you will enjoy it. Cheers and keep on travelling!

Music: Adhita Sofyan – Blue sky collapse

Song used with permission

https://soundcloud.com/adhitiasofyan

http://adhitiasofyan.wordpress.com/


Tags: , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Hinterlasse einen Kommentar!